Von der Ostküste Schottlands ging es quer bis nach Fort William und dann Richtung Süden auf dem West Highland Way bis hinein nach Glasgow. Und wer in der regenreichsten Gegend Europas sich einen Sonnenbrand einfängt, der hat was zu berichten…

Länge: 529,59 km
Höhe: 6.551 hm
Etappen: 6

Etappe 1: von Aberdeen nach Ballater

Daten:
89,53 km   14,0 km/h   6:21:45 h   845 hm

Orte:
Aberdeen – Banchory – Scolty Hill – Aboyne – Burn O Vat – Ballater

Übernachtung:
Aberdeen: ibis Aberdeen Centre – Quayside
Ballater: Glen Lui Hotel

Wie verlief die Anreise nach Schottland? Ganz einfach: Autofahrt nach Berlin, 90 Euro sinnvoll für Check-In ausgeben, kurzer Stopp in der Alm, nach dem letzten Aufruf Flieger mit Ach und Krach erreichen, im Flieger länger warten als geplant / gewünscht, Flug nach Glasgow.

In Glasgow ließen wir in unserem (zukünftigen) Hotel die Fahrradkisten und dann wollten wir eigentlich die Sehenswürdigkeiten bestaunen gehen. Da es aber hierzu pünktlich mit regnen anfing, konzentrierten wir uns auf die fehlenden Regensachen und Rucksackhülle vom Sepp. Irgendwann später saßen wir dann in der Bahn anch Aberdeen, wo wir sehr spät aufschlugen. Die Bahn bzw. deren Abort waren sicher froh gewesen, diesen permanenten deutschen Störenfried los zu sein. In Aberdeen waren unglaublich viele Besoffene unterwegs – das ist wohl zum Sonntagabend hier normal – nunja!

Endlich konnte es losgehen. Aber was war da schon wieder los? Brille fort – also nochmals ab auf Shopping-Tour. Dann noch flink für eine Startfoto zur Nordsee geradelt, welche wahnsinnig stürmisch und rau daherkam. Nach kurzem Intermezzo auf einer Ausfallstraße, wechselten wir auf den Deeside Way, welchen wir den restlichen Tag nicht mehr groß verließen. Was blieb von der Tour alles so hängen? Massen an Schornsteinen, viele Narzissen, ein Sturz, ein alter Bahndamm, hin und wieder etwas Regen, ein loses Schaltwerk, Hasen, viel viel Gegenwind, kaum Infrastruktur und ein Mittagesser beim Italiener.

Eine kleine Zusatzschleife legten wir für einen Berg mit Turm hin. Der Ausblick auf die Sturmfront ließ uns schnell wieder abfahren und wir blieben tatsächlich verschont. Und dann immer wieder der Deeside Way. Und der war fantastisch: mal ein richtiger Trail, mal richtig am Ufer vom Fluss Dee, mal mit vielen Hundebesitzern, aber oft sehr ruhig. Am Tagesende machten wir noch eine Zusatzschleife zum Burn O Vat (oder so ähnlich) und dann aber fix nach Ballater, einem richtig hübschen kleinen Örtchen.

Etappe 2: von Ballater nach Avimoore

Daten:
88,14 km   11,0 km/h   9:30:39 h   1158 hm

Orte:
Ballater – Balmoral Castle – Bridge of Dee – Allanaquoich – Dubh Lochan – Cairngorms National Park – Avimoore

Übernachtung: Cairngorm Hotel

Unser Hotel lag ein kleines bisschen außerhalb, war aber richtig hübsch. Der Chef-Bediener machte in seinem Kilt eine super Figur, auch wenn auf ein freundliches „Wie bitte?“ immer wieder der gleiche schottische Kauderwelsch herauskam 🙂

Der nächste Tag begann mit einem wunderbaren Sonnenschein, allerdings war es recht frischlich und der gute Gegenwind gab sein Bestes. Am Balmore Castle angekommen, der Weg dahin verlief auf einer ruhigen und hübsch gelegenen Straße, zeigt unser Track direkt auf das königliche Gelände. Allerdings hatten wir wenig Lust darauf nur fürs Queren und ein Foto pro Person 11,50 Pfund hinzulegen. Und so versuchten wir unser Glück erst nochmal mit einem Umweg, aber das scheiterte kläglich.

Also ab auf die recht wenig befahrene Hauptstraße und gegen den Wind rollen. Zig Kilometer später stellte sich das Ganze sogar als Glücksfall heraus, da die letzte Brücke aufgrund der Hochwasserschäden gesperrt war. Darüber zu schwubbeln hätte sicher ausgesprochen wenig Spaß gemacht. Endlich ging es dann wieder ins Gelände. Der Weg war recht beschaulich und hin und wieder erreichte uns eine Husche, aber die waren durch den Sturm weitestgehend harmlos.

Eine Brücke war dann doch mal derart ausgespült, das wir nicht mehr ran kamen. Ein paar Wanderer (woher kamen die überhaupt?) machten uns auf eine weiter oben gelegene, aber ebenfalls gesperrte Brücke aufmerksam. Die nahmen wir dann. Nach kurzem Straßenintermezzo und einer Kurzsuche nach Essen ging es dann richtig in den Berg. Die paar Höhenmeter sitzen wir doch locker auf einer Arschbacke ab – so mein Denken. Und vorerst machte der Weg echt Spaß. Leider begann dann nach wenigen Kilometern das Geschiebe in einer Traumkulisse.

Der Weg bestand nur noch aus beschissenen unfahrbaren Steinen. Und so schoben wir den ersten Anstieg hinauf. Anschließend ging es an einem See in einer Hochebene vorbei und den nächsten Anstieg hinauf. Keine Chance das irgendwie zu fahren. Das Kraut fett machten dann die auftauchenden und zu querenden Flüsse. Keine Brücken nirgendwo. Und so suchen wir Übergangsmöglichkeiten, denn das Wasser war eisig kalt. Aufgrund der Schneeschmelze und den daraus resultierenden Wassermassen war die Suche ausgesprochen zäh und zeitraubend. Und vor allem an dem einen Fluss waren wir bestimmt eine Stunde am würgen. Zwischendurch wollten wir schon fast einfach durchrennen, was bei der Strömung und Kälte sicher ausgesprochen sinnig gewesen wäre.

Irgendwann fanden wir dann die eine flachere Stelle und sprangen rein, rüber, durch. Danach schieben, schieben, schieben… Das war so unglaublich nervtötend. Gegen 21:00 Uhr(!) erreichten wir schließlich das Ende des Gequäles und fuhren, von vielen Rinnen und Absätzen unterbrochen, hinab ins Tal. Auf der Straße ging es dann bis Avimoore. Gegen 21:30 Uhr hatten wir dann endlich ein Zimmer, deckten uns im Supermarkt nochmal ein und gingen dann zum Inder Abendessen. Liebes Schottland, was war das denn heute bitteschön gewesen???

Etappe 3: von Avimoore nach Laggan

Daten:
82,67 km   15,4 km/h   5:20:40 h   876 hm

Orte:
Avimoore – Uath Lochan – Ruthven Barracks – Kingussie – Newtonmore – Laggan

Übernachtung: Laggan Hotel

Den Wecker hatte ich mir für 6 Uhr gestellt, da ich daheim einmal anrufen wollte. Das ich danach aber noch einmal so richtig wegratzen würde, hatte ich nicht erwartet. Und so standen wir erste gegen 8:30 Uhr am Frühstückstisch. Da hat der Vortag wohl seine Spuren hinterlassen. Zum Frühstück gab es wieder eine komplette Vollausstattung für den Tag.

Und dann ging es bei besten Wetter wieder Richtung Berge. Nur das es eigentlich nur wenig auf und ab gab. Auf schönen Pisten zogen wir durch das Land, genossen die Stille an den Seen, wurden von rückwärtig anschleichenden Hunden überrascht und besichtigten eine alte Burg oder besser ein Fort. Nach kurzer Zeit erreichten wir Newtonmore, wo wir bei einer älteren Dame einen mäßigen Kaffee, dafür aber leckere Scones aßen. Mit ihr zu quatschen machte echt Spaß.

Bis Laggan ging es dann auf einer ruhigen Straße bzw. etwas daneben auf einem Radweg. Eigentlich hätten wir laut Plan von hier über einen Pass zum Fort Augustus gemusst, aber nach den Erfahrungen vom Vortag schenkten wir uns das. Unser neuer Plan war es, ein Quartier aufzureißen und den Rest des Tages im Laggan Wolftrax Bikepark zu verbringen. Um an ein Zimmer zu kommen verging viel Zeit, da vom einzigen B&B keiner ran ging. Dank lokaler Unterstützung bekamen wir dann Quartier in einem nahe gelegenen Hotel.

Klamotten ablegen, Einkauf machen und dann ab in den Park. Ein ganz paar Runden verbrachten wir da. Einiges war klasse, manches ehern lala. Aber die Entscheidung für diese Tagesgestaltung war definitiv richtig gewesen. Das wir in dem Hotel gar zwei Einzelzimmer zum gleichen Preis erhielten, und was für Prachtexemplare – mit Türmchenzimmer, war spitze.

Etappe 4: von Laggan nach Fort William

Daten:
94,04 km   15,2 km/h   6:10:59 h   873 hm

Orte:
Laggan – Pattack Falls – Loch Laggan – Spean Bridge – Fort William

Übernachtung: Ossians Hotel

Für den ersten Teil des Tages nach Fort William hatten wir keine Karte. Im Ort merkten wir uns zumindest bis zum Loch Laggan einige Wege. Also zweigten wir vor dem See von der Straße ab, besichtigten einen Wasserfall und fuhren dann auf der „linken“ Seite den ganzen See entlang. Hier staunten wir über die teils mächtigen Bäume und waren froh etwas aus dem Wind zu kommen. Zwischendurch lag direkt am Ufer des Sees ein herrliches Schloss – fotoreif präsentiert – so stellt man sich Schottland vor.

Am Südzipfel hatten wir dann auch endlich wieder eine Karte auf dem Gerät zur Verfügung und wir hatten bei der Wegwahl einen goldenen Finger. Genau im richtigen Augenblick, in einem „Dorf“ im Nirgendwo, eigentlich war es nur eine Ansammlung von Häusern, stand da eine Imbissbude im Feld. Es gab Burger, Chips und Kaffee – perfekt. Hier ließen sich auch die letzten Tropfen des Tages nieder. Den Motocross, der Grund für die Imbissbude an der Stelle, beachteten wir mal nicht. Nach einem kurzen Straßenstück bogen wir unter Nutzung einer echten Wackelbrücke wieder auf echte Wege ab. Die Durchquerung eines Gehöfts hätten wir wohl besser mit großen Gummistiefeln machen sollen – alles war voller Pampe und Schafskacke.

Über tausend Gatter und besungen vom vielen Gemähe der kleinen Lämmchen erreichten wir Spear Bridge. Kurze Pause für Scones und Kaffee und dann ging es über breite Schotterpisten mit Blick auf den weißen Ben Navis zum örtlichen Bikepark. Als Sabine-Spitz-Gedächtnisrunde fuhren wir den Weltcupkurs noch als Tagesabschluss ab. Es war schon erstaunlich wie traillastig der Kurs war – hatte schon was. Quartier bezogen wir dann in einer echt speziellen Absteige. Nach ein paar Bier und dem Abendessen glotzten wir noch etwas blöd fern und naschten sinnlos rum.

Etappe 5: von Fort William nach Crainlarich

Daten:
75,8 km   12,8 km/h   7:08:24 h   1867 hm

Orte:
Fort William – Kinlochleven – Kingshouse – Loch Tulla – Crainlarich

Übernachtung: Ben More Lodge

Sepps Gastkommentar:

Nach einem leckeren Self catering auf Basis der Delikatessen des nahen TESCO-Marktes ging es bei strahlend bleuen Himmel steil hinaus aus Fort William. Zu linker Hand zeigt Ben Navis noch einmal seine Flanke bevor andere schneebedeckte Gipfel das Panorama dominierten. Die Strecke führte steil und wellig auf Asphalt in ein Tal bis wir den West Highland Way erreichten. Von hier geht es steiniger, aber fahrbar weiter.

Die Gegend wirkte mehr und mehr einsamer, ebenso wie wir uns die Highlands in Schottland vorstellten… doch dann begann der nicht mehr enden wollende Strom an Wanderern. Eine nicht abreißende Anzahl kam und permanent entgegen. Stellenweise vermuteten wir hinter der nächsten Biegung eine Bahnstation oder Bushaltestelle. Wir mussten anerkennen, das dieser Weg sehr sehr stark frequentiert war. Nach einer steinigen steilen Abfahrt nach Kinlochneven gab es zur Belohnung erst einmal ein Käffchen. Gespannt konnten wir dabei einer örtlichen Fachkraft mit Laubbläser zuschauen, wie das frisch gemähte Grün erst in die eine und dann von dort wieder in die Gegenrichtung geblasen wurde. Wir waren nicht ganz dahinter gestiegen, was die Strategie dabei war…

Der nun folgende Anstieg forderte die Waden wieder zu 100 Prozent! Neben den Rohren des Wasserkraftwerks ging es zackig bergan. Ein paar Höhenmeter ließen sich so fahrbar bewältigen bevor der Trail steinig und ausgesetzt wurde, sodass fahren ehern selten wurde. Am Ende des Anstiegs erwartete uns ein beeindruckendes Panorama. Noch getopt von dem Kampfjet im Tiefflug. Eine rockige Abfahrt brachte uns mit Fahrspaß ins Tal. Mal abgesehen von der Straße und dem Verkehr beeindruckte vor allem diese typisch schottische Landschaft. Zum Glück führte der Weg abseits der Straße durchs Tal. Den freundlichen Akt eines Schotten ein Schafsgatter für uns offen zu halten, dankte Herr B. mit einem Stunt der mit Bodenkontakt endete. Zum Glück nix passiert, also weiter durchs Tal bis ans Kingshouse … Mittag!

Dank fantastischem Wetter konnten wir dabei das Panorama genießen, den den Gleitschirmfliegern zuschauen und selbst ein paar Rehe kamen vorbei. Der Weg kreuzte die Straße Richtung Lift. Etwas steinig, holprig aber fahrbar gings weiter. Immer neue fantastische Blicke taten sich auf… man hätte permanent Panoramafotos machen können. Als Besonderheit des heutigen Tages gab es ein kurzes Stück leichten Gegenwind, ansonsten weiter auf den nun mit Pflaster befestigten Weg. Wir ließen es laufen. Hinter Tyndrum gabs ein lecker flowiges Stück Weg, bevor der Weg die Straßenseite wechselte und durch Farmgelände führte. Wieder zurück auf die andere Straßenseite gab es noch ein paar ordentliche Anstiege, dafür auf wunderschönen Waldpfaden bis Crainlarich.

Etappe 6: von Crainlarich nach Glasgow

Daten:
99,41 km   9,0 km/h   8:10:36 h   50,8 km/h   932 hm

Orte:
Crainlarich – Loch Lomond – Inversnaid – Tarbet – Glasgow

Übernachtung: Euro Hostel Glasgow

Und schon war er da, der letzte Tag. Das ging am Ende wie immer schneller als gewünscht. Die ersten Meter des Tages machten Freude und waren recht freundlich zu uns. Dabei ging es auf dem Weg des Vortags zurück, was soviel wie ein ordentlicher Anstieg durch geringfügig Wald bedeutete. Dann folgte eine längere Abfahrt bis nach Inverarnan, wo uns nochmals ein ordentlicher Stich erwartete. Von da oben hatte man aber einen grandiosen und weiten Blick über den Loch Lomond. An dessen Ostufer sollte es nun weitergehen.

Die ersten Meter waren auch noch in Ordnung, auch wenn man schon hin und wieder schieben musste, aber so ist das ja meistens mal auf einer Tour. Irgendwann machte es immer weniger Spaß und fing an zu nerven. Zwei entgegen kommende Radler machten wenig Hoffnung und so bissen wir uns an Leitern sowie schmalen und kaum passierbaren Passsagen da direkt am Ufer eines schönen Sees die Zähne aus. So ging viel Zeit ins Land und wir kamen kaum vorwärts. So erreichten wir erst recht spät den Schiffsanleger bei Inversnaid, wo wir erstmal zum Mittag einrückten und überlegten wie es denn nun weitergehen sollte. Denn immerhin war Glasgow als Ziel für heute fest gesetzt.

Da es nicht absehbar war, ob der Rest des Wegs genauso mies weiterging wie bisher, entschieden wir uns mit der Fähre überzusetzen und auf der anderen Seeseite den eingezeichneten Radweg zu nutzen. So schipperten wir gemütlich über den See (ohne hölzern Wurzel) und genossen die Ruhe des Dieselaggregats hinüber nach Tarbet. Als Expresszug ging es dann am westlichen Ufer Richtung Süden, was nicht sonderlich spannend oder attraktiv war. Nach einer so gestalteten umfangreichen Beule im Routenverlauf, trafen wir später sogar wieder auf unseren Wunschpfad, nicht ohne zwischendurch noch einen Scone zu verdrücken (in Croftamie).

Der Weg hinein nach Glasgow war eine wahre Überraschung. Man wird durch ein grünes Bands direkt ins Zentrum der Stadt geführt. Hier wartete unser nicht sehr überzeugendes Hotel auf uns und so zogen wir abends noch etwas um den Block. Am nächsten Morgen gönnten wir uns ein Frühstück bei einem Bäcker, wobei er uns sogar etwas Gebäck wegen fehlender Bargeldbestände schenkte. Dann packten wir unsere Räder in die schon mit den Hufen scharenden Kartons und schleppten diese sperrigen Dinger bis zur weit entfernten Bushaltestelle. Nach harten Verhandlungen, wegen bereits voller Fächer, durften wir dann doch noch mit den Kistchen mitfahren. Und so hob unser Flieger schon bald Richtung Kontinent ab…

Schottland, Du hast uns gefallen!


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